Change Management – ein holpriger Start

Change Management Siegfried Neubauer

Blogserie von Dipl. Ing. Siegfried Neubauer

„To be or not to be – oder die letzte Chance zweier Produktionsstandorte durch eine Fusion wieder wettbewerbsfähig zu werden. Ein spannender Tatsachenbericht über Organisationsentwicklung, Change Management, Kommunikation und Führung und was das alles mit Glück zu tun hat.“

 

Teil 3:
„Das Detailkonzept und ein holpriger Start“

Ich hatte also den Auftrag des Top Managements, ein detailliertes Vorgehen zu erarbeiten und gleichzeitig andere Berater zu integrieren. Das war insofern spannend, da ich diese Berater nicht kannte und es auch dem Auftraggeber teilweise nicht klar war, welcher Berater nun was tun sollte.

Die Aufgaben der Logistikberater, der Rechtsberater (immerhin mussten zwei Gmbhs miteinander verschmolzen werden) und der IT-Berater waren für mich klar – sie waren eindeutige Spezialisten für ihr Fachgebiet und sehr zielgerichtet einzusetzen. Man ordnete sie einfach den jeweiligen Fachgebieten zu.
Spannender war der Versuch der Integration eines Beraters für Change-Kommunikation. Dieser wurde vom Betriebsrat in Stellung gebracht und das Management willigte im Sinne eines „give&take“ in diese Lösung ein, da man den Betriebsrat für einige sehr knifflige Themen als konstruktiven Gesprächspartner benötigte. Mit dem Berater gab es teilweise Überschneidungen mit meinen Vorstellungen und die Abstimmung war alles andere als einfach. Zum einen sah dieser Berater seine Felle davon schwimmen (er wollte anfänglich viel mehr machen als ihm zugestanden wurde) und zum anderen schien er auch mit der Komplexität der Aufgabe überfordert gewesen zu sein. Beides führte zu einem eher „patzigen“ Verhalten des Beraters, das schließlich zu einem, von ihm eigenständig ausgelösten Rückzug aus dem Projekt führte. Bei mir und meinem Auftraggeber kam das so an, dass man einen Kunden in einer sehr schwierigen Situation im Stich lässt – ein äußerst unprofessionelles Verhalten, welches ich in meiner langjährigen Tätigkeit noch nie erlebt hatte. Und sich nachträglich als Glücksfall herausgestellt hat.
Ergebnis war nämlich, dass die Agenden des ausscheidenden Beraters nun auf uns übertragen wurden und somit in einer Hand lagen – ich nahm diese Verantwortung sehr gerne an, zumal ich dafür eine fachlich ausgezeichnete Netzwerkpartnerin als Unterstützung an der Hand hatte.

 

Das Detailkonzept

Die Detailkonzeption für das Projekt sah nun folgende Teilprojekte aus der Perspektive Organisationsentwicklung und Change-Kommunikation vor:

1. Entwicklung eines Zukunftsbildes, einer Business Mission für das Werk.

  • Ziel war es, die neue Führungsmannschaft auf eine neue Mission, an einem gemeinsamen Zweck auszurichten.

2. Ableitung einer neuen Organisationsstruktur, darüber hinaus Einführung der Gruppen- leiter im Shopfloormanagement als eine komplett neue Führungsebene.

  • Ziel war eine am Wertstrom ausgerichtete Organisation zu gestalten. Weiters wollte man die Führungsaufgaben im gesamten Managementteam besser verteilen und die Führungsspanne am Shopfloor von damals etwa 70 – 80 Mitarbeiter je Schichtführer auf dann 10 – 20 Mitarbeiter je Gruppenleiter reduzieren.

3. Aufgaben / Kompetenzen / Verantwortungen im Werk als missing Link zwischen Aufbau- und Ablauforganisation

  • Ziel war es, Klarheit zu schaffen, wer wofür zuständig ist und welche Verantwortung er trägt. Darüber hinaus wurden für die neuen Gruppenleiter SOLL-Anforderungen fachlicher, sozialer und managerieller Art abgleitet.

4. Auswahl der neuen Gruppenleiter mit Standortbestimmung / Assessmentcenter und Ausbildungsprogramm.

  • Ziel war es, aus einem Pool an bestehenden Mitarbeitern die richtigen Gruppenleiter auszuwählen und sie mit einem umfangreichen Ausbildungsprogramm für ihre Führungsaufgaben fit zu machen.

5. Führungsleitlinien für das Management und Verhaltensgrundsätze im Werk.

  • Ziel war es, ein gleiches professionelles und wertschätzendes Verhalten im Werk zu etablieren und damit einen notwendigen Kulturwandel zu unterstützen.

6. Coaching der Fertigungsleiter und der Gruppenleiter on the Job und Teambildung des Managements.

  • Ziel war es, das in der Ausbildung Gelernte in die Praxis umzusetzen, von alten Gewohnheiten loszulassen und seine Führungsaufgaben richtig wahrzunehmen. Darüber hinaus sollte das neue Management als schlagkräftiges Team lernen, besser zusammenzuarbeiten.

7. Change-Kommunikation auf allen erdenklichen Ebenen mit weiterer externer Unterstützung.

  • Ziel war es, auf vielen möglichen Ebenen und Kanälen die Mitarbeiter zu informieren, wie weit der Umzug schon ist, was geplant ist und was das für den Mitarbeiter an Veränderungen an seinem Arbeitsplatz bedeutet.

 

Der Anfang

Doch nun zum Anfang – womit haben wir gestartet? Mit einer großen Präsentation vor den Mitarbeitern? Vor dem Management? Mit einem Fest? Nichts von alledem ….
Der Start war eigentlich sehr holprig, da einige der Logistikprojekte und Umzugsprojekte ohnehin schon länger gestartet waren, dafür punkto Change-Kommunikation und Organisationsentwicklung bis dato noch wenig geschehen war. Darüber hinaus fehlte der entscheidende Impuls des designierten Werkleiters Hrn. P.

So nahm mein guter Kontakt Hr. F. das Heft in die Hand und lancierte einen ersten Organisationsworkshop mit dem „designierten“ neuen Managementteam. Man bedenke, man musste aus zwei Führungsmannschaften eine machen und da gab es schon Vorarbeiten. Ich wusste zum damaligen Zeitpunkt nur, dass diese designierten Personen sich teilweise kannten, aus anderen Kulturkreisen (unterschiedliche Werke) kamen und dass alles unglaublich geheim war. Was waren das also für Menschen? Was wussten sie schon und was nicht? Und wie werden sie sich verhalten? Konstruktiv oder zurückhaltend? Offen oder abwartend? Oder kommt alles ganz anders?

Es war nicht nur am Anfang spannend, sondern es blieb auch spannend, zumal allen klar war, dass in den indirekten / administrativen Bereichen dieser Manager Mitarbeiter abgebaut werden müssen. Dazu aber nächstes Mal… 😉

 

Dipl. Ing. Siegfried Neubauer ist Experte bei NeuKurs. Er arbeitet als systemischer Organisationsberater und wurde vom Institut für Systemische Beratung (ISB) in Wiesloch / Deutschland zertifiziert. Er ist Gründer (2008) der VIST – Vienna International School of Thought, einem international ausgerichteten Managementausbildungsinstitut.

Lesen Sie auch:

Teil 1 & Teil 2

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